Alles geht mit Links!

Linkshändigkeit ist noch immer ein völlig unterschätztes Thema. Marleen Krallmann klärt auf und unterstützt Kinder und Eltern im richtigen Umgang.

„Das mache ich mit links!“ Was häufig als Sprichwort genutzt wird, ist für viele Kinder und Erwachsene nicht nur Realität, sondern für Linkshändige eines von vielen Sprichwörtern, die Linkshändigkeit schlecht dastehen lassen. Auch wenn sie ihre Linkshändigkeit ausleben dürfen, stoßen sie im Alltag immer wieder auf Hürden, die viele Linkshändige an ihrer Intuition zweifeln lassen. Viele linkshändige Kinder werden – meist unbewusst – auf ein Leben mit rechts eingestellt. 

Dies bleibt nicht ohne Folgen: Wir haben eine angeborene dominante Gehirnhälfte und eine nicht dominante. Kontralateral, also über Kreuz, ergibt sich daraus, welche Hand dominant ist. Linkshändige Kinder greifen oft automatisch mit links nach Gegenständen. Wird ihnen jedoch beispielsweise ein Stift in die rechte Hand gedrückt, nutzen manche auch diese zum Malen und schließlich teilweise auch für andere feinmotorische Aufgaben. Das Problem: Sie überfordern dann nicht nur die nicht-dominante Hand, sondern auch die nicht-dominante Gehirnhälfte – und das Gehirn muss zum Teil 30 Prozent mehr Energie aufwenden. Besonders das Schreiben mit der nicht-dominanten Hand wird anstrengender, die betroffenen Kinder verlieren die Lust und sind frustriert. Doch das muss nicht sein. Eine Linkshändigkeit lässt sich frühzeitig erkennen. Wer unsicher ist, findet Hilfe bei der zertifizierten Händigkeitstesterin Marleen Krallmann. Vielen ist sie vielleicht bekannt durch die kalligrafischen „Leave no one behind“-Schriftzüge in Kieler Schaufenstern. 

Das Schreiben gehört für die Kalligrafin Marleen nicht nur in die Schule, sondern auch in die Kunstmappe. Foto: Kjell Kantak

Die richtige Anleitung

Bei einer Testung in ihrem scriptmar im Kirchenweg 23 kann Marleen anhand von kleinen Test-Items herausfinden, ob Kinder und auch Erwachsene angeboren links- oder rechtshändig sind. Für linkshändige Kinder gibt sie Gruppenkurse an der förde-vhs. „Wir üben die ergonomische Stift- und Blatthaltung, machen Spiele und geben Motivation und Selbstvertrauen für die Grundschule mit“, erklärt Marleen. Im Einzeltraining werden die gleichen Themen behandelt, dafür aber viel intensiver und individueller. Der nächste Kurs an der förde-vhs beginnt am 28. Februar 2023, ein kostenloses Info-Treffen findet am 21. Februar statt. Anmeldung über: www.foerde-vhs.de.

Anpacken in der Schule

Schleswig-Holstein ist eines der wenigen Bundesländer, bei denen im Lehrplan verankert ist, dass Linkshändige eine ergonomische Anleitung erhalten müssen. „Aber leider gibt es auch bei uns noch viel Unwissenheit darüber. Wenn mehr Lehrkräfte die ergonomische Anleitung geschult bekämen (am IQSH gibt es eine Fortbildung), könnten sie dies an Eltern und linkshändige Kinder weitergeben“, erzählt Marleen und ergänzt: „Natürlich ist das Üben mit dem linkshändigen Kind Elternsache, aber die Zusammenarbeit mit der Grundschule ist unglaublich wichtig.“ Gibt es nämlich keine entsprechende Anleitung, neigen linkshändige Kinder zu einer Hakenhand, die über die Zeile gekrümmt ist, was später zu Verkrampfungen und unnötiger Anstrengung führen kann. In ihren Kursen leitet Marleen eine Technik an, bei der die Teilnehmenden keine spezielle Feder brauchen und dank einer entspannten, ergonomischen Haltung viel Spaß beim Schreiben entwickeln können. 

Tipps für Eltern

Damit Kinder ihr volles Potenzial ausschöpfen können, ist es wichtig, dass sie ihre Linkshändigkeit von Anfang an ausleben dürfen. Erwachsene können schon im Kleinkindalter Hürden abbauen und beobachten, wie Kinder ihre Hände benutzen. Dafür können sie Gegenstände neutral – das heißt mittig, mit beiden Händen und nicht richtungsweisend – geben oder hinlegen. Besteck kann beispielsweise in einem Gefäß auf den Tisch gestellt oder in die Mitte des Tellers gelegt werden. Eltern können auch nachfragen, mit welcher Hand das Kind malen möchte oder mit welcher es besser klappt. Wer sich mit einer tiefergreifenden Testung Klarheit verschaffen möchte, um das Kind optimal zu fördern, tut dies am besten in der Vorschulzeit mit 4 oder 5 Jahren, aber auch in der Grundschulzeit oder im Jugendalter ist es nicht zu spät. Weitere Informationen zur Linkshändigkeit und zum Angebot von Marleen Krallmann findet ihr unter www.scriptmar.com

Die Kielerin hält auch eine Vorlesung über europäische Schriftgeschichte an der Kunsthochschule. Foto: Kjell Kantak

Weitere spannende Beiträge

Die Reise des kleinen Käfers

Mädchen spielt am Strand. Freies Spielen.

Freies Spielen für Kinder: Entwicklung fördern

Kinder spielen als Astronauten verkleidet auf einer Leiter.

ADHS bei Kindern

Aktuelle Buchtipps für Kinder 2023

Ein Naschiladen für Upcycling

Mehr Diversität im Kinderzimmer